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Versand am Juni 24 2020

Die höchste Rösterei Europas

 

Ob beim Skifahren oder auf der KarriereleiterMarián Podola wollte schon immer hoch hinaus. Auf gut 1.848 Metern über dem Meeresspiegel, im Schatten der mächtigsten Viertausender der Alpen, liegt er sich vor vier Jahren nieder, um seine Vision von einem ganzheitlichen Gastgewerbe zu verwirklichen. Im Zuge dieses kühnen Vorhabens gründete der gebürtige Tschechesein Faible für Kaffee sei dankdie höchste Rösterei Europas.

 

Die Idee wurde geboren, während Marián, der in renommierten Londoner Küchen unter Hochdruck den Kochlöffel schwang, innere Erfindung betrieb. Sowohl seine Karriere, als auch sein Leben, wollte er radikal umkrempeln. Doch gut Ding wird eine Weile haben. Lange Zeit reifte der Masterplan heran, bevor er in Zermatt Gestalt annahm. „Den Geschäftsentwurf schrieb ich bereits vor 7 Jahren. Von Anfang an stand fest, dass es sich um ein kollektives handeln soll, das Restaurant, Rösterei und Keramikstudio vereint.“, erzählt der gelernte Gourmet-Koch. Ein Plädoyer für mehr Autarkie und eine Rückbesinnung auf die wesentlichen Dinge im Leben. Skifahren gehört für Marián zweifelsohne zu eben diesen, denn er ist mit dem Wintersport aufgewachsen. „Nach 15 Jahren stressigem Großstadtleben, sehnte ich mich nach einem entspannten Ort, der es mir erlaubt, viel in der Natur zu sein.“ So kam es, dass er den Sterneküchen den Rücken zuwandte und dem Lockruf der Zermatter Pisten folgte. Dort steht er während eines Ski-Trips an der perfekten Location für seine Vorhaben. „Aus unternehmerischer Sicht ist Zermatt der ideale Standort, da es Besucher zu jeder Jahreszeit in die Berge lockt. Ein Wettbewerbsvorteil lag auch auf der Hand, denn dem Rösthandwerk sei in der Gegend bis dato noch niemand nachgegangen.“

 

Erstmal Fuss fassen und dann loslegen. Anschließend kehrte er zurück an den Herdals Küchenchef im Zermatter Familienunternehmen Europe Hotel & Spa. Eine glückliche Fügung, denn Inhaber Ruedi Julen wurde zum treuen Komplizen. Mit seiner Hilfe fand Marián in unmittelbarer Nähe vom Bahnhof einen provisorischen Raum im Untergeschoss eines Denner Supermarkts für den ersten Geniestreich – die Gründung der höchsten Rösterei Europas. 2017 stieg er voller Tatendrang, mit einem zweieinhalb Kilo Röster aus dem Hause Diedrich gewappnet, in das Röstgeschäft ein. Im ersten Jahr wich er ihm nicht von der Seite und veredelte in seiner Trommel ganze 2,5 Tonnen Rohkaffee. Den früheren Chefkoch Julen konnte er indes zu seinen ersten Kunden zählen.

 

Die kompakte Werkstätte platzte schnell aus allen Nähten. Der Boden übersät mit Kaffeesäcken, die Regale übergequollen, bald wusste Marián nicht mehr, wohin mit seinen aromatischen Beuteln. Auch eine Siebträgermaschine von La Marzocco war in dem kleinen Raum untergebracht und wartete darauf, bald für den Publikumsverkehr eingesetzt zu werden. Im industriellen Teil von Zermatt fand er eingepfercht zwischen zwei Bergketten schliesslich ein freistehendes Haus, das deutlich mehr Spielraum bot. „Nach genau einem Jahr zogen wir um und können uns nunmehr auf zwei Stockwerken ausleben. Ideal ist die Lage jedoch nicht, da es kaum Laufkundschaft gibt.“, bedauert der Gipfelstürmer. Um der steigenden Nachfrage Herr zu werden, kommt heute ein Diedrich Trommelröster mit 12 kg Röstvolumen zum Einsatz, der im Erdgeschoss trotz der dort gelagerten drei bis vier Tonnen Rohkaffee ausreichend Platz findet. Auf der zweiten Etage steht in der Mitte des Raumes ein wuchtiger, schwarzer Tisch aus echtem Stahl, der mit mehreren Kaffeemaschinen für den Verkauf bestückt ist. Von der Decke baumeln Fabriklampen, die die Geräte in das rechte Licht rücken. Die Einrichtung im rauen Industriestil knüpft nahtlos an das umliegende Gewerbegebiet und die rauen Felsklippen an, die 2300 Meter hoch über das Dach der Rösterei hinausragen.

 

„Unsere Röstphilosophie lautet: Der beste Kaffee ist der Kaffee, den du magst“, so Marián. „Wir rösten schnell durchgängige Spezialitätenkaffees, schrecken aber auch vor Fine Robusta nicht zurück. Klar verlassen wir uns auf unsere trainierten Geschmackspaletten, aber die Erfahrung unserer Kunden sind auch immer ein Massstab.“ Über die Jahre hat sich Zermatt Rösterei auf Espressobohnen aus Brasilien spezialisiert. „Espressogetränke haben eine lange Tradition in Zermatt. Klassische Geschmacksnoten wie Schokolade oder Karamell finden schnell ihre Abnehmer. Für fruchtige Filterkaffees ist die Zeit einfach noch nicht reif“, argumentiert er. Das heisst aber nicht, dass komplexere Kaffees im Angebot fehlen. Äthiopien, Guatemala, Hondurasdank der kompetenten Betreuung durch die professionelle Kaffeehändlerin Gloria Pedroza stockte er nach und nach das Sortiment auf. Gemeinsam wollen sie ihren Kunden in Zukunft ermöglichen, die Kaffeeernte mitzuerleben und Plantagen in Südamerika zu besuchen.

 

Selten wird Kaffee auch auf den gleichen Höhenmetern geröstet und ausgeschenkt, auf denen er angebaut wird. In Zermatt ist das Realität. Als im Mai 2018 ein weiterer Zweig des besagten Unternehmenskonzepts in Furi verwirklicht und in Betrieb genommen wurde, war die „Coffee Utopia“ schnell vollkommen. Vor atemberaubender Bergkulisse, in einem komplett renovierten Chalet, bietet das Restaurant Aroleid Kollektiv Gästen seine zeitgemäßen Geschmackserlebnisse, die bereits im Michelin Guide 2020 Erwähnung gefunden haben. Während ausserdem der klassische Charme der Berghütte mit Alpenpanorama erhalten blieb, finden sich im rustikalen Inneren industrielle Elemente wieder, die schon die Rösterei auszeichneten.

 

Zu der Dachmarke Aroleid Kollektiv gehören ausserdem zwei gemütliche Ferienwohnungen und ein Keramikstudio. Auf der zweiten Etage des Chalets werden in Handarbeit Tassen und Teller für den Restaurantbetrieb hergestellt und Kurse angeboten. Der ungewöhnliche Name rührt übrigens von einem Versprechen, das der Besitzerin aus nostalgischen Gründen gegeben wurde. Den entscheidenden Unterschied machen die kreativen Gerichte, denen Spezialitäten aus der eigenen Rösterei gereicht werden. „Meine ganze Karriere lang hat es mich gestört, dass Kaffeequalität selbst in den feinsten Restaurants viel zu kurz kommt“, erzählt er. Mit einem gekonnten Spagat zwischen Berufung und Leidenschaft macht er es anders, denn Cappuccino und Co. wird hier die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt, wie den kulinarischen Schöpfungen. Dafür stehen eine 3-gruppige Linea PB von La Marzocco, die Kaffeeaufbereiterin Gina, ein Moccamaster und weitere Barista-Tools in der Cafe-Ecke zur Verfügung.

 

Einst kochte er für Celebrities wie George Clooney und Nicole Kidman komplette Gänge-Menüs, heute tischt er für Bergsteiger, Skifahrer und Spaziergänger auf. Nach der Lebensphilosophie „Sharing is Caring“ ist das gesamte Menü darauf ausgerichtet, ein Gefühl der Gemeinschaft an die langen, robusten Holztafeln zu bringen. „Unsere Zielgruppe ist die Outdoor-Community. Wenn die Leute in ihren Wanderschuhen oder Schneehosen zu uns kommen, sehen alle gleich aus, ohne jegliche Statusdifferenzierung. Das macht die Atmosphäre sehr angenehm“, so Marián. Koffein und Adrenalin, eine günstige Kombination, finden die Spitzensportler, die sich ab und zu unter den Gästen tummeln. Kaffee steigert ja bekanntlich auch die sportliche Leistungsfähigkeit. „Wir wollen Menschen die Möglichkeit geben, komplett vom Alltag abzuschalten und sich inspiriert von der ruhigen Umgebung tiefenentspannt zu fühlen.“ Wie könnte man das besser machen als beim Töpfern an der Drehscheibe, im Genuss der Gourmetteller für die Seele oder mit einer guten Tasse Kaffee in der Hand?!

 

Apropos Kaffee, er selbst trinkt am liebsten höllisch geröstete Filterkaffees, doch die bekommt er in Furi eher selten unter den Leuten. „Helle Filterröstungen sind mit im Angebot, aber die meisten Gäste bestellen Espresso. Wir glauben uns trotzdem, sie zu promoten und brühen mit der Moccamaster Kostproben auf, die wir anschliessend verteilen.

 

Als Zugpferd des Projekts rotiert Marián zwischen Rösterei, Küche und Büro. Stolz blickt er auf die letzten drei Jahre und die gemeisterten Herausforderungen zurück. „Wir sehen uns immer noch als junges Unternehmen. Manchmal fällt es den Leuten schwer, unser vielschichtiges Konzept zu greifen. Doch mit der Zeit fügt sich alles hinzu und wir bekommen die einzelnen Projekte besser unter Dach und Fach.“ Das Projekt hat in Zermatt den Markt aufgemischt. „Jede Saison wachsen wir stärker zusammen. Während wir am Anfang noch versucht haben, es jedem Recht zu machen, fahren wir mittlerweile unsere eigene Linie und steuern selbstbewusst auf unser Ziel, die umfassendste Kaffeelösung in der ganzen Schweiz zu werden.“ In Zukunft ist noch geplant, ein Coffee Lab zu eröffnen, sobald die Rösterei nach Furi umgezogen ist. Bisher weicht man für Brühkurse und Schröpfen auf die Zermatter Büroräume von Aroleid Kollektiv aus.

 

Verlassene Schneelandschaften statt überfüllte U-Bahnen. Auf die Frage, ob er das aufregende Leben in einer Metropole manchmal vermisst, antwortet Marián: „Wenn es darum geht, auswärts essen zu gehen, fehlen mir natürlich die vielfältigen Auswahlmöglichkeiten, die zum Beispiel in London geboten werden.“ Dennoch fühlt er sich im beschaulichen Zermatt zuhause. „Selbst wenn ich wochenlang durcharbeite, habe ich auf Abruf mein Urlaubsziel vor der Haustür. Das würde ich für keine Großstadt der Welt eintauschen“, schwärmt er.

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